Der Projektleiter steht vor dem Steuerkreis.
Stellt den Projektstatus vor.
Erklärt den Projektfortschritt.

1x pro Woche, 1x pro Monat, egal.
Aber auf jeden Fall regelmäßig.

Und lange, sehr lange sind alle Ampeln auf grün.
Bis urplötzlich eines Tages eine oder mehrer Ampeln auf rot stehen.

Wer ist schuld?

Fast immer ist die erste Reaktion die Suche nach dem Schuldigen. Und der Projektleiter ist in Erklärungsnot. Die Marktlage, Ressourcenengpässe, bestimmte Personen – oder ganz einfach: „die Situation“.

Auf jeden Fall aber: lange Gesichter, bedenkliches Kopfwiegen, ernste Blicke, Grabesstimme…

Und was ist wirklich schuld?

Aber was hat diese Situation wirklich verschuldet?
Was hat zu diesem plötzlichen Ampelwechsel von grün auf rot geführt?
In erster Linie mal genau eine Sache: die Planung selbst!

Beziehungsweise der Stellenwert, der der Planung eingeräumt wird. Die unverhältnismäßige Überhöhung der Verlässlichkeit einer Planung.

Jedes Projekt ist Neuland

Hier ein Auszug aus Wikipedia: „Ein Projekt ist ein zielgerichtetes, einmaliges Vorhaben,…“ 
Natürlich gibt es bereits Erfahrungen aus vergangenen Projekten. Eine gewisse Expertise bei den Beteiligten. Referenzprojekte bei Partnern, Kunden oder Wettbewerbern.

Aber per Definition ist trotzdem jedes Projekt Neuland!

Jede Planung ist eine Schätzung

Und genau deshalb kann jede Projektplanung immer nur eine Schätzung sein. Eine Wette auf die Zukunft. Ein Blick in die Glaskugel.

Eben auf Basis der Erfahrungen aus der Vergangenheit.
Der Expertise der Verantwortlichen.

Das ist Tatsache

Keine Planung kann unvorgesehene Entwicklungen, plötzliche Änderungen der Anforderungen, menschliche oder organisatorische Veränderungen einschließen.

Natürlich können wir versuchen, in der Planung einen gewissen Puffer für diese Unwägbarkeiten zu berücksichtigen. Aber auch das ist wiederrum eine Wette auf Basis unserer Erfahrungen.

Wissen wir, was von den Unwägbarkeiten wirklich eintritt? 
Ist nicht es nicht gerade die Eigenschaft von Unwägbarkeiten,
dass wir deren Form, Umfang und Einfluss nicht vorhersehen können?

Was wir können

Was wir aber tun können: wir können diese Tatsache akzeptieren!
Wir können Planungen als das ansehen, was sie sind: nämlich Schätzungen.
Wir können lernen, damit umzugehen, dass diese Schätzung regelmäßig aktualisiert werden muss. Und wir können dafür sorgen, dass wir nicht sofort den Schuldigen suchen, wenn solch eine Aktualisierung nötig ist.

Weil es keinen Schuldigen gibt – außer unser Mindset, dass eine Planung absolut verlässlich sein muss.

Also besser keine Pläne machen?

Nein, natürlich nicht! Pläne und Planungen sind wichtig.
Sie liefern eine Richtung, in die sich das Projekt vorwärts bewegt.

Planung ist ein Werkzeug, um Schwierigkeiten möglichst früh zu erkennen, Engstellen auszumerzen, die Projektperformance zu erhalten und mit zunehmendem Verlauf zu steigern.

Aber Planungen sind lebendig, flexibel und sollten anpassungsfähig sein. Ohne dass Änderungen daran als Versagen des Projektleiters, des Teams, des Beraters oder irgendjemandem sonst angesehen werden.

Deshalb: Vertraue keiner Planung

Es macht nur überhaupt keinen Sinn, auf eine Planung zu pochen.
Und noch weniger Sinn macht es, Schuldige zu suchen.

Ich empfehle dir, eine Planung als das anzusehen, was sie ist. Nämlich eine Schätzung. Ziehe bei Anweichungen deine Schlüsse daraus, leite Maßnahmen ab und kümmere dich weiter um den Projektfortschritt! Nichts anderes…

Viel Erfolg bei deinen Projekten wünscht dir,
dein Sebastian Zitzmann

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    2 replies to "Der Horror für jeden Projektleiter"

    • Ulrich Stingl

      Hallo Sebastian,
      würden Sie die gleichen Aussagen treffen, wenn Sie der Unternehmer sind, der für die Entwicklung eines Produktes eine Investitionsentscheidung trifft und volles persönliches Risiko eingeht? Der holt sich einen Projektleiter ins Haus, der sich als Profi darstellt und vertraut auf die abgegebene Schätzung, die Projektplanung, die vereinbarten Deliverables und die Qualität.
      Und mitten im Projekt werden Kosten, Zeit und Ergebnis als variable Indikation dargestellt, mit dem Hinweis, dass aber die Richtung stimmt.

      Wer ist dann derjenige, der tatsächlich geschädigt ist? Und wenn es vertraglich möglich ist, wird dann der Projektleiter nicht zu Recht einer Haftungsklage entgegensehen?

      Die sehr lockere Art, mit Projektplanung umzugehen kommt leider gerne dann vor, wenn es nicht das eigene Geld ist, das ausgegeben wird, man selbst nicht haftet und der Auftraggeber eine Kapitalgesellschaft ist, bei der man letztlich keinem Eigentümer persönlich verpflichtet ist.

      Daher einfach als Projektleiter die Rolle des Auftraggebers einnehmen und dann werden Planungen verbindlicher und Risikoanalysen führen schneller zu Korrekturen von Risiken. Die Farbe rot kommt nicht überraschend, ihr voraus geht die Farbe Gelb. Und Projektpläne sollten nicht als Indikation für die grundsätzliche Richtung verstanden werden.
      Wenn die Einflüsse nicht klar abschätzbar sind, dann lieber auf agile Methoden wechseln. Damit tritt ein bewertbares Ergebnis deutlich früher ein und Risiken werden schneller bewusst.

    • Sebastian

      Lieber Ulrich,

      vielen Dank für Ihren tollen und fundierten Beitrag. Gern möchte ich darauf eingehen.
      Ich selbst bin in beiden Situationen (GmbH-Geschäftsführer und Einzelunternehmer/Inhaber).
      In beiden Businesses habe ich bereits auf externe Projektmanager zurückgegriffen.
      Das heißt also: ja, ich würde meine Aussage nach wie vor so stehen lassen, auch wenn es um meinen persönlichen Geldbeutel geht.

      Was vielleicht nicht ganz exakt rübergekommen ist:
      Ich propagiere keinesfalls eine „lockere Art, mit Projektplanung umzugehen“.

      Im Gegenteil: ich halte eine detaillierte und fundierte Projektplanung für absolut notwendig.
      Aber ich warne vor dem Schluss, dass diese Planung dann aufgrund des vielen Hirnschmalzes, das da drin steckt, als in Stein gemeißelt angesehen wird.
      Und bei gerissenen Meilensteinen dann plötzlich der Schreck groß ist.

      Sondern: die Planung dient eben als Früherkennungssystem für Unwägbarkeiten, aber auch erreichte Teilziele.
      Und je detaillierter die Planung, desto besser funktioniert das System.

      Vermutlich steckt dahinter durchaus auch ein wenig der agile Ansatz. Mit kurzen Sprints, die es frühzeitig erlauben, den Fortschritt zu bewerten.
      Allerdings bin ich kein Freund von dogmatischem Verfolgen von speziellen Strategien.
      In meinen eigenen Kundenprojekten habe ich schon sehr früh damit begonnen, den Projektplan auch als Bewertungskriterium meiner Leistung zu sehen.
      Vielleicht war das schon agiles Arbeiten, allerdings war damals der Begriff noch nicht in aller Munde.
      Und umgekehrt bewerte ich meine externen Projektmanager auch nicht an der Deckungsgleichheit mit dem ursprünglichen Projektplan, sondern anhand des Umgangs mit Abweichungen von diesem Plan – und natürlich anhand von erreichten Teilzielen, die mit Hilfe des Plans deutlich sichtbar sind.

      Ich hoffe, ich konnte ein bisschen besser darlegen, was ich mit meinem Beitrag meine.

      Viele Grüße,
      Ihr Sebastian Zitzmann
      http://www.sebastian-zitzmann.de/highperformance

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